Bioinformatikerin im Kampf gegen den Krebs
Name: Janice Kielbassa
Aktueller Job: Biostatistikerin am Krankenhaus Centre Leon Berard in Kooperation mit Bioinformatikplatform Lyon Synergie Cancer in Lyon /Frankreich
Hinweis: Dieser Beitrag wurde NICHT gesponsert. Dieser Beitrag ist ein persönliches Interview.
Warum hast du dich für das Bioinformatik-Studium entschieden?
Ich wollte eigentlich Biochemie studieren, habe dann aber in der Zeitung vom neuen Studiengang „Bioinformatik“ in Jena erfahren. Damals (Jahr 2000) wurde der Studiengang an nur wenigen Universitäten in Deutschland angeboten. Ich habe mich dann schliesslich für Bioinformatik entschieden, da mich sowohl Mathematik als auch Biologie sehr interessierten.
Wo hast du Bioinformatik studiert und wie fandest du das Studium?
Ich habe in Jena studiert und unsere Gruppe war die erste, die in Jena Bioinformatik studierte. Uns wurde damals ziemlich am Anfang gesagt, dass wir die „Versuchskaninchen“ wären und wir auf der einen Seite sehr viele Freiheiten hätten, aber eben auch noch nicht soviel Erfahrung bestünde. Mitte des Studiums war auch mal die Rede, uns mit Leipzig/Halle zusammen zu legen. Wir konnten viel ausprobieren und unsere Meinung einbringen, aber wie das so in „Testphasen“ ist, war es teilweise auch etwas ungeordnet und es gab seitens der Professoren viele Wechsel. Mir hat gut gefallen, dass wir wirklich viele Wahlpflichtfächer hatten und sich jeder seinen eigenen Interessen entsprechend orientieren konnte. Wir waren nur knapp 15 Studenten, das war fast schon familiär.
Wie bist du zu deinem aktuellen Job gekommen?
Nach meinem Studium habe ich meinen Doktor in Biostatistik an der Lyoner Universität gemacht, allerdings im Bereich der Ökologie (Einfluss der Erderwärmung auf das Überleben einer Fischart). Für meinen Postdoc bin ich dann wieder in die Bioinformatik zurückgekehrt und habe mich mehr und mehr für die Anwendung in der Krebsforschung interessiert. Für meinen jetzigen Job hat mir auch ein bisschen „Vitamin B“ geholfen – ich kannte ein paar Leute an dem Institut, an dem ich jetzt arbeite, und habe Kontakte zu ihnen aufgebaut und Arbeitsgruppen initiiert. Als eine Stelle dort frei wurde, habe ich mich beworben und wurde schliesslich auch genommen.
Was genau machst du in deinem Job?
Wir haben Patientendaten unterschiedlicher Krebsarten (Brust, Prostata,…) und analysieren die Daten auf unterschiedlichen molekularen Ebenen. Wir schauen zum Beispiel, welche Gene sich verdoppelt haben, welche Gene fehlen oder welche Gene inaktiv sind und versuchen so ein genaues molekulares Bild einer jeweiligen Krebsart zu erhalten, zum Beispiel welche genetischen Veränderungen bei allen Patienten gemeinsam sind. Ausserdem sind wir in diversen Vergleichsstudien involviert, das heißt, wir testen Technologie A gegen Technologie B, um zu wissen, welche erlaubt, bessere klinische Ergebnisse zu erhalten. Ausserdem versuchen wir zu verstehen, wie, warum und wann sich normale Zellen in Krebszellen verwandeln. Das alles machen wir allerdings nicht im Labor, sondern mit Zellproben von Patienten von teilweise gesundem und krankem Gewebe, die wir miteinander vergleichen.
Was magst du an deinem Job?
Manchmal macht es
einen nachdenklich, wenn man sich überlegt, dass hinter jeder Analyse ein kranker Mensch steht oder stand.
Es ist eigentlich nie langweilig, es gibt immer wieder „Probleme“, die es zu lösen gilt. Man lernt ständig etwas dazu. Manchmal macht es einen auch nachdenklich, wenn man sich überlegt, dass hinter jeder Analyse ein kranker Mensch steht oder stand. Durch unsere klinischen Studien und den Kontakt zu Firmen, die unsere Daten herstellen, sind wir auch immer auf dem neuesten Stand, was die neuen technischen Entwicklungen im Bereich der Sequenzierung und Mikrochips angeht.
Welchen Bezug hat dein Job noch zur Bioinformatik und welche Kenntnisse aus dem Studium nützen dir in deinem heutigen Job?
Der Job noch sehr viel Bezug zur Bioinformatik, einfach auch dadurch, dass ich noch im Bereich der Forschung bin. Nützlich waren für mich vor allem Linux-Kenntnisse, Programmierung (in meinem Fall hauptsächlich R), sowie die biologische Grundausbildung, um zu verstehen, wie Zellen funktionieren und wie sich Krebszellen entwickeln.
Welche Tipps würdest du Leuten geben, die gerne in dieser Richtung arbeiten möchten?
…man sollte sich von seinen Interessen und Stärken leiten lassen, denn Bedarf besteht in vielen Bereichen.
Zu meiner Zeit wurde leider im Studium wenig Wert auf Statistik gelegt. Sobald man jedoch Patientendaten auswertet, muss man sich damit auskennen, um korrekte Schlussfolgerungen aus dem Datenmaterial zu ziehen. Da hatte ich ganz schön etwas nachzuholen. In Programmierung sollte man sich einigermassen auskennen – die Programmiersprache ist sogar fast egal, da viele Konzepte sich in den diversen Sprachen wiederfinden und sich dann auch einfach übertragen lassen, wenn man sie einmal richtig verstanden hat und anwenden kann. Am Institut, an dem ich arbeite, arbeiten Menschen verschiedener Spezialisierungen: wir haben Biostatistiker, Bioinformatiker (für Datenbanken, unseren Cluster und diverse Analyse-Pipelines), aber auch Molekularbiologen für die Datenherstellung. Ich denke, man sollte sich von seinen Interessen und Stärken leiten lassen, denn Bedarf besteht in vielen Bereichen.
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