Die Macht der Daten

Sebastian Briesemeister

Name: Sebastian Briesemeister
Aktueller Job: Teamleiter Machine Learning / Data Mining im Online Marketing

Hinweis: Dieser Beitrag wurde NICHT gesponsert. Dieser Beitrag ist ein persönliches Interview. 

Warum hast du dich für das Bioinformatik-Studium entschieden?

Ich interessierte mich schon vor dem Studium für Algorithmen und Programmieren. Allerdings war mir wichtig, dass mein Studium einen direkten Bezug zu einer Anwendung hat. Es ist einfach viel motivierender, wenn man das Gelernte gleich einordnen und verwenden kann.

Wo hast du Bioinformatik studiert und wie fandest du das Studium?

Studiert habe ich in Jena, damals gab es noch ein Diplom als Hauptpreis. Außerdem habe ich ein Jahr an der University of York in England via Erasmus studiert und danach noch an der Universität in Tübingen promoviert.

Das Studium in Jena hat mir sehr viel Spaß gemacht. Durch die damaligen beiden Lehrstühle wurde ein sehr großer Teil der Bioinformatik abgedeckt. Ein großes Plus für die Jenaer Bioinformatik. Am meisten Spaß hat mir die Algorithmik gemacht, aber ich war immer sehr dankbar für die breite Bildung, die ich bekam.

Trotzdem war ich froh über das zusätzliche Jahr in York, da Datamining und Machine Learning damals in nur sehr begrenztem Umfang und eher theoretisch in Jena gelehrt wurden. Es war nicht nur eine sinnvolle Ergänzung, sondern außerdem ein guter Einstieg in meine Promotion.

Wie bist du zu deinem aktuellen Job gekommen?

Bioinformatik ist für mich ein Forschungsfach. Die für mich interessanten Richtungen sind sehr theoretisch und finden häufig keinen Weg in die Praxis. Bioinformatik in der Wirtschaft ist dagegen häufig ein reiner Dienstleistungsbereich und war für mich nicht reizvoll.

Für mich war es wichtig Ideen zu haben, sie umzusetzen und auch in der Praxis fruchten zu sehen, deshalb suchte ich in der Wirtschaft nach einer neuen Anwendung fernab von der Biologie. Und nach einem kleinen Abstecher in die Medizininformatik, fand ich für mich den richtigen Job in der Werbeindustrie. Tja, so kann es gehen.

Was genau machst du in deinem Job?

AdUp Technology LogoEigentlich das gleiche was ein Bioinformatiker in der Datenanalyse auch macht: ich analysiere Daten um ein System zu verstehen und nutze das gelernte für neue Algorithmen.

Bei Ad Up spielen wir jeden Tag hunderte Millionen Werbeanzeigen aus, speichern zig Terabyte von Daten und haben weniger als 100 Millisekunden Zeit die richtige Anzeige zu finden, ein klassisches, wenn auch unglaublich schweres Optimierungsproblem. Man hat viele, viele Daten und im Gegensatz zur Forschung keine Wochen oder Monate Zeit für eine Analyse und Entscheidung. Trotzdem muss man herausfinden, wie ein Nutzer tickt, welche Anzeigen auf welcher Seite gut klicken, auf welchem Gerät, zu welcher Uhrzeit, bei welchem Produkt usw.

Mein Team besteht aus 3 bis 4 Dataminern. In unserer kleinen Ideenschmiede werden nicht nur Daten analysiert, wir entwickeln neue Ideen bis hin zum fertigen Algorithmus und sehen meist wenige Stunden später live die Auswirkungen. Dabei sind die Aufgaben vielfältig und reichen von Textmining, Fraud Detection, Klickvorhersage bis hin zur Performanceoptimierung.

Was magst du an deinem Job?

Die Ähnlichkeit und Distanz zur Wissenschaft. Auf der einen Seite bearbeiten wir spannende Projekte, durchforsten die Literatur, entwickeln neue Algorithmen und können unsere Ideen verwirklichen. Andererseits stehen Effizienz, Softwarequalität und Praktikabilität viel mehr im Focus als in der Wissenschaft.

Ein besonderes Plus ist das direkte Feedback. Unsere Software ist 24h live. Den Impact von neuen Features sieht man häufig nach Stunden oder nur Minuten. Da kommt die Motivation von selbst.

Welchen Bezug hat dein Job noch zur Bioinformatik und welche Kenntnisse aus dem Studium nützen dir in deinem heutigen Job?

Als Bioinformatiker wird man im Umgang mit Hammer und Nagel geschult. Der Hammer ist das Werkzeug: programmieren, Algorithmen, Optimierung, Statistik, System Modellierung, Graphen, Machine Learning usw. Der Nagel ist die Anwendung: Metabolismus, Proteinfaltung, Proteomik, (Epi)genetik, Immunologie usw. Die gelernten Werkzeuge sind universell und ich verwende sie noch heute jeden Tag. Mit Biologie habe ich aber nichts mehr am Hut.

Als Bioinformatiker
ist man ein Allrounder.

Als Bioinformatiker ist man ein Allrounder. Ich kenne viele Bioinformatiker die erfolgreiche Quereinsteiger in neuen Fachbereichen sind. Wenn man seine Werkzeuge beherrscht und sogar schon Praxiserfahrung hat, warum sollte man sie nicht in anderen interessanten Projekten anwenden?

Welche Tipps würdest du Leuten geben, die gerne in dieser Richtung arbeiten möchten?

Man sollte Interesse an Statistik haben, möglichst praktische Erfahrungen mit Machine Learning sammeln und Spaß am entwickeln und programmieren haben. Außerdem sollte man mutig sein und sich einfach mal in eine neue Fachrichtung stürzen, es macht Spaß.

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2 Antworten

  1. Ein Informatiklehrer sagt:

    Schade. Leider für mich kein Paradebeispiel, was man mit einem Studium „Sinnvolles“ tun kann. Das Kaufverhalten von Menschen zu beeinflussen, um Profit zu machen, halte ich für sehr fragwürdig. Vielleicht fehlt im Studiengang Bioinformatik eine Portion Ethik.

  1. Mai 18, 2016

    […] Daten, Daten,… Letzte Woche hat Sebastian von seinem Job im Online Marketing berichtet und wieso er als Bioinformatiker bestens geeignet ist, mit solchen riesigen Datenmengen umzugehen. […]

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