Der Klassiker: Forschung an der Uni

Name: Martin Mann
Aktueller Job: PostDoc (wissenschaftlicher Mitarbeiter) an der Professur für Bioinformatik, Technische Fakultät, Universität Freiburg

Hinweis: Dieser Beitrag wurde NICHT gesponsert. Dieser Beitrag ist ein persönliches Interview. 

Warum hast du dich für das Bioinformatik-Studium entschieden?

Foto: Sandra Meyndt

Foto: Sandra Meyndt

Während der Schulzeit hatte ich schon klare Vorstellungen, dass ich später im Bereich Informatik arbeiten möchte. Zudem fand ich Biologie immer schon spannend und hatte entsprechend im Abitur selbiges auch als Hauptfach gewählt. Allerdings waren mir die Jobaussichten in der Biologie zu unsicher, weshalb ich schon früh von einem Studium in diese Richtung absah. Als sich mein Abitur dem Ende näherte, stellte ich fest, dass es mittlerweile der Studiengang „Bioinformatik“ an ca. 5-8 Universitäten in Deutschland angeboten wurde. War damals unter dem Namen noch recht neu, wobei es immer schon Arbeitsgruppen gab, die in diesem Bereich (unter anderen Namen wie „Biomathematik“ etc) gearbeitet haben. Und so sah ich die Möglichkeit beide Interessen in einem Studiengang zu vereinen, was ich dann auch gemacht habe.

Wo hast du Bioinformatik studiert und wie fandest du das Studium?

Ich habe an der Friedrich-Schiller Universität Jena studiert und war damals im ersten Jahrgang, der überhaupt dort Bioinformatik studiert hat. Das war spannend, da einerseits noch alles, inklusive Studienprogramm, im Fluss war, wir aber andererseits auch viel mitgestalten konnten. Damals war der Studiengang noch mit persönlichen Auswahlgesprächen (was man später aus Zeitmangel weggelassen hatte). Als ich da zum „Vorstellungsgespräch“ bin, war das schon sehr aufregend. Ist aber scheinbar soweit gut gegangen, denn ich war einer der ersten 15, die in Jena Bioinformatik studiert haben.

Das Studium fand ich, bis auf einige harte (Bio/Physikalische)Chemie Grundvorlesungen, sehr interessant, weil wir beide Welten der Informatik und Biochemie/Molekularbiologie kennengelernt haben. Es gab auch wet-lab Praktika, sodass wir auch ein Gefühl dafür bekamen, wieviel Arbeit in biologischen Daten stecken und wie fehleranfällig deren Gewinnung ist.

Alles in allem war das Studium in Jena ein sehr gute Zeit sowohl was das Studium betrifft als auch das Studentenleben drumherum.

Wie bist du zu deinem aktuellen Job gekommen?

Derzeit arbeite ich in einem Forschungsprojekt, das ich selbst mitgestaltet und eingeworben habe. Das heißt, ich habe zusammen mit meinen zwei Professoren Prof. Backofen (Bioinformatik) und Prof. Spiecker (Forstwissenschaften) einen Projektantrag für ein Forschungsprojekt über drei Jahre geschrieben. Dieses wurde positiv begutachtet und bewilligt, sodass meine Stelle daraus finanziert werden kann.

Grundlegend ist die
langfristige Stellensituation
in der Forschung relativ schlecht, das es quasi keine Mittelbaudauerstellen gibt.

Grundlegend ist die langfristige Stellensituation in der Forschung relativ schlecht, das es (zumindest im mir bekannten universitären Bereich) quasi keine Mittelbaudauerstellen gibt. Daher muss man entweder mit befristeten Verträgen leben und langfristig eine Professur anstreben, oder irgendwann die Universität verlassen, wenn einem das (z.B. für die Familienplanung) zu unangenehm wird.

Was genau machst du in deinem Job?

Ich entwickle ein Programm um Holzdichtedaten zu analysieren. Die gewonnen Informationen sollen im Anschluss genutzt werden, um besser zu verstehen, wie einzelne Umweltfaktoren (wie z.B. Höhenlage im Gebirge, Bodenbeschaffenheit, etc.) das Wachstum von Bäumen beeinflussen.

Ausserdem bin ich sehr in die Lehre unserer Professur integriert. Das heißt, ich bin für die Organisation unserer Lehre verantwortlich und gebe auch selbst eine Vorlesung. Da ich zu Studienzeiten immer wieder Dozenten begegnet bin, die didaktisch schlecht ausgebildet waren (was daran liegt das gute Forscher/Professoren nicht zwingend gute Dozenten sind), versuche ich mich dahingehend weiterzubilden und das in meine Lehre zu integrieren. Derzeit nutze ich das flipped classroom Modell für meine Vorlesung, wofür ich auch einen Lehrpreis erhielt. Dabei wird die Vorlesung quasi zum Seminar und die Studierenden erarbeiten sich die Lehrinhalte zuvor selbst mit Hilfe von Selbstlernmodulen. Das funktioniert in meiner Erfahrung sehr gut, bedeutet aber für mich als Lehrenden einen erhöhten Aufwand in der Erstellung der Lehrmaterialien. Aber ich finde es lohnt sich und bekomme gutes Feedback.

Final betreue ich auch einige Doktoranden und Masterabschlussarbeiten und bin der Hauptverantwortliche für unseren Webserver Freiburg RNA Tools, der die an der Professur entwickelten Programme für Endanwender aus der Biologie in einfachen Oberflächen zur Verfügung stellt.

Was magst du an deinem Job?

Was ich am meisten mag ist die Flexibilität und Vielfalt meiner Arbeit. Das bedeutet zwar, das ich oft viele „Baustellen“ parallel habe, aber es wird auch selten langweilig.

Welchen Bezug hat dein Job noch zur Bioinformatik und welche Kenntnisse aus dem Studium nützen dir in deinem heutigen Job?

Da ich noch an der Universität im Bereich Bioinformatik arbeite, ist der Bezug 100%. Die Probleme mit denen ich mich heute auseinandersetze sind natürlich nicht direkt mit dem Lehrstoff meines Studiums verbunden. Allerdings hilft mir meine Informatikausbildung natürlich sehr meine Softwareentwicklung zu gestalten sowie Forschungsergebnissen fundiert, mathematisch zu formulieren und mein Bio-Background ermöglicht ein schnelles Einarbeiten in neue biologische Probleme.

Welche Tipps würdest du Leuten geben, die gerne in dieser Richtung arbeiten möchten?

Lernt Englisch!
Bioinformatik ist Forschung
und Forschung ist englischsprachig.

Lernt Englisch! 🙂 Bioinformatik ist Forschung und Forschung ist englischsprachig. Das bedeutet man muss viel Englisch lesen, schreiben und sprechen, da Forschung auch Dialog ist. Das sehe ich als wichtigen Punkt.

Ansonsten ist Bioinformatik ein seeeehr weites Feld. Ich kenne Leute aus allen Gebieten die heute in der Bioinformatik arbeiten. Darunter Physiker, Mathematiker, Biologen, Biochemiker, Chemiker, Informatiker,… und eben auch Bioinformatiker. Das heißt, es kommt nicht so sehr darauf an WAS man studiert, solange man das Interesse an der computergestützten Analyse von biologischen Daten mitbringt. Sprich es gibt die „informatische“ Bioinformatik, in der ich arbeite und in der Programme entwickelt werden, und die eher „biologische“ Bioinformatik die mehr an der Anwendung von tools und pipelines interessiert ist, um die eigentlichen biologischen Fragestellungen zu beantworten. Je nachdem wo die eigenen Interessen liegen, sollte man seine Studienrichtung legen.

Wichtig ist dabei: frühzeitig das fehlende Wissensgebiet durch fakultative Kursbelegungen ausgleichen. Das heißt als Biologe unbedingt (bio)informatische Kurse belegen und als Informatiker nicht vor Bio-Kursen zurückschrecken. Nur so wird man am Ende beide „Sprachen“ sprechen und in der Bioinformatik „Schnittstelle“ arbeiten können.


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3 Antworten

  1. Andreas sagt:

    warum nicht, ich habe ähnliches gemacht.

  1. Oktober 13, 2016

    […] Der Klassiker: Forschung an der Uni | Bioinformatik 7. Juli […]

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